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Wohnen zwischen Tomaten und Stören in Chemnitz: Ein Besuch in Deutschlands größter Indoor-Aquaponikanlage

Zukunftsweisendes Bauen stand beim diesjährigen Tag der Architektur im Fokus. Einen erstaunlichen Mix aus Wohnen, Pflanzen- und Fischzucht konnten Besucher in Chemnitz erkunden.

Chemnitz.

Er sieht futuristisch aus, wirkt damit fast fehl am Platz - der große Glasanbau im Hinterhof der Chemnitzer Peterstraße 28. Immerhin stammt das alte Gebäude, an das er anschließt, noch aus Gründerzeiten. Sein Inneres hat etwas vom Treppenhaus einer Fabrik, ist mit Stahlgeländern und Rohren durchzogen. Im Spätherbst soll dort aber alles grünen, zur ersten Ernte in Deutschlands bisher größter Indoor-Aquaponikanlage.

So erklärte es der Architekt und Planer des Glasturms, Andreas Grindt. Dutzende Besucher führte er am Samstag anlässlich des bundesweiten Tages der Architektur durch das Karree 49 im Stadtteil Sonnenberg. Dem diesjährigen Motto - "Architektur gestaltet Zukunft" - entspreche das Objekt auf jeden Fall. "Wir sehen uns als Vorreiter. Unser Projekt ist bundesweit bisher einzigartig", so Grindt. Aquaponik ist ein Verfahren, bei dem Fisch- und Pflanzenzucht so miteinander verbunden werden, dass sie einen in sich geschlossenen Kreislauf bilden.

Von den Pflanzen ist bisher noch nichts zu sehen, erste Kübel sollen in etwa drei Wochen aufgebaut und mit Paprika und Tomaten bestückt werden. Fische gibt es aber schon. Im Keller des Turms stehen fünf Wassertanks mit einem Gesamtvolumen von etwa sechs Kubikmetern, also 6000 Litern Wasser.

Einer der Tanks ist schon bewohnt, eine Gruppe junger Störe schwimmt darin. "Die Fische werden gefüttert und ihr verschmutztes Wasser wird durch ein Bakterienfiltersystem geleitet. Dann gelangt es zu den Pflanzen, die die immer noch enthaltenen Mineralien aufnehmen und das Wasser reinigen. Das saubere Wasser geht anschließend wieder an die Fische", erläutert Planer Grindt das Prinzip.

Aquaponikanlagen gibt es bereits in anderen Gegenden Deutschlands, so zum Beispiel bei der Firma Tomatenfisch in Berlin. Eine Indoor-Einrichtung dieser Größe gebe es bisher aber nur in Chemnitz, betont Grindt. Was das Projekt außerdem einzigartig macht, ist die Verknüpfung mit Wohnraum. Im angegliederten Altbau an der Peterstraße sind über die Jahre 16 Ein- bis Vierraumwohnungen entstanden. Alle Einheiten sind bereits vermietet. Die Bewohner haben Zugang zum Aquaponikturm und können auch über große Fensterscheiben vom Flur aus in das Gewächshaus schauen. "Wir haben das Haus besonders blickbezogen gebaut. Man schaut eigentlich fast immer ins Grüne", sagt Grindt.

Dass sich aus dem Gebäude jemals das heute bestehende Karree 49 entwickelt, hätte Grindt kaum für möglich gehalten: "Ich bin 2014 dazugekommen. Die Bauherrin hatte zuvor schon mit einem anderen Architekten zusammengearbeitet, der eine reine Wohnnutzung für das Haus vorgesehen hatte. Das wollte sie nicht. Sie ging mit mir damals durch das Gebäude und fragte mich, ob man hier nicht noch etwas anderes machen könnte."

Das Haus stand zu diesem Zeitpunkt schon leer, glich laut Grindt eher einer Ruine. Innen war es so gut wie hohl, hatte keine Zwischendecken, das Dach war kaputt, die Wände waren von Schwamm befallen. Eigentlich habe Grindt das Objekt lieber abreißen wollen, doch die Stadt habe ihn gebeten, es zu erhalten.

Schon damals habe er geahnt, wie schwierig die Finanzierung des Ausbaus werden würde. Im Jahr 2017 kam die erste Finanzierung zustande, knapp 1,7 Millionen Euro aus Darlehen und Förderungen von Stadt und Land. Das Projekt musste mehrfach nachfinanziert werden. Auf insgesamt drei Millionen Euro belaufen sich die Kosten bis heute.

Laut Grindt stehen nur noch Kleinstarbeiten an, alle in den letzten beiden noch ungenutzten Einheiten im Erdgeschoss. In der einen soll eine Praxis für Physiotherapie entstehen. In der anderen könnte schon bald ein Laden eröffnen, in dem die Produkte aus der Aquaponikkultur verkauft werden. Kunden hätten dann Zugriff auf urban gezüchtetes Gemüse, Pestos oder Eier von echten Stadthühnern.

Die sitzen in einem Gehege auf dem Nachbargrundstück, der Peterstraße 26. Angelika Scheuerl, die Bauherrin des Karree 49 auf dem Sonnenberg, kaufte dieses Haus schon Ende der 1990er-Jahre und etablierte dort die Initiative Delphin. Der sozialpädagogische Betreuungsdienst ist Mitträger des Aquaponikprojektes. "Aktuell betreiben unsere Mitarbeiter und die Hausbewohner noch den Turm. Viele der Bewohner sind auch bei uns Klienten, arbeiten hier als Minijobber oder freiwillig", erklärt Delphin-Mitarbeiterin Stefanie Ruthenbeck.

Delphin gebe Menschen mit schwierigem sozialen Hintergrund eine Chance, sich in gesellschaftliche und ressourcenschonende Projekte einzubringen. Jugendliche können durch ein Freiwilliges Soziales Jahr bei der Aquaponik einsteigen. Künftig seien auch Ausbildungen geplant, darunter der Fischwirt, heißt es.

Dass sich aus dem Gebäude jemals das heute bestehende Karree 49 entwickelt, hätte Grindt kaum für möglich gehalten: "Ich bin 2014 dazugekommen. Die Bauherrin hatte zuvor schon mit einem anderen Architekten zusammengearbeitet, der aber eine reine Wohnnutzung für das Haus vorgesehen hatte. Das wollte sie nicht. Sie ging mit mir damals durch das Gebäude und fragte mich, ob man hier nicht noch etwas anderes machen könnte."

Das Haus stand zu diesem Zeitpunkt schon leer, glich laut Grindt eher einer Ruine. Innen war es so gut wie hohl, hatte keine Zwischendecken, das Dach war kaputt, die Wände waren von Schwamm befallen und wurden nur noch durch ein Stahlkonstrukt gehalten. Eigentlich habe Grindt das Objekt lieber abreißen wollen, doch die Stadt habe ihn gebeten, es zu erhalten.

Schon damals habe er geahnt, wie schwierig die Finanzierung des Ausbaus werden würde. Im Jahr 2017 kam die erste Finanzierung zustande, knapp 1,7 Millionen Euro aus Darlehen und Förderungen von Stadt und Land. Das Projekt musste mehrfach nachfinanziert werden. Auf insgesamt drei Millionen Euro belaufen sich die Kosten bis heute.

Laut Grindt stehen nur noch Kleinstarbeiten an, alle in den letzten beiden noch ungenutzten Einheiten im Erdgeschoss. In der einen soll eine Praxis für Physiotherapie entstehen. In der anderen könnte schon bald ein Laden eröffnen, in dem die Produkte aus der Aquaponikkultur verkauft werden. Kunden hätten dann Zugriff auf urban gezüchtetes Gemüse, Pestos oder Eier von echten Stadthühnern.

Die sitzen in einem Gehege auf dem Nachbargrundstück, der Peterstraße 26. Angelika Scheuerl, die Bauherrin des Karree 49 auf dem Sonnenberg, kaufte dieses Haus schon Ende der 1990er-Jahre und etablierte dort die Initiative Delphin. Der sozialpädagogische Betreuungsdienst ist Mitträger des Aquaponikprojektes. "Aktuell betreiben unsere Mitarbeiter und die Hausbewohner noch den Turm. Viele der Bewohner sind auch bei uns Klienten, arbeiten hier als Minijobber oder freiwillig", erklärt Delphin-Mitarbeiterin Stefanie Ruthenbeck.

Delphin gebe besonders Menschen mit schwierigem sozialen Hintergrund eine Chance, sich in gesellschaftliche und ressourcenschonende Projekte einzubringen. Jugendliche können durch ein Freiwilliges Soziales Jahr bei der Auqaponik einsteigen. Künftig seien auch Ausbildungen geplant, darunter der Fischwirt, heißt es.

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